Interview mit Leonard Nielen

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Einige Interviews haben wir noch vor uns! Der heutige Gast ist unsere Nummer 11, Leonard Nielen. Der angehende Jurist gibt euch einen kleinen Einblick in seine neue Aufgabe als Stadtratsmitglied, warum sein sportliches Idol ausgerechnet Oliver Kahn ist und wie wichtig Wertschätzung für Schiedsrichter in unserer Sportart ist.

Viel Spaß beim Lesen!

Hallo Leonard!

Leonard Nielen: Hallo zusammen!

Handball hat auch in deiner Familie einen hohen Stellenwert. Dein Vater Gregor Nielen war lange selbst als Spieler für den SV Union Rösrath aktiv, engagierte sich als Trainer im Jugendbereich und ist heute 1. Vorsitzender des Stammvereins. Du hast einen sehr ähnlichen Werdegang eingeschlagen. Kann man sagen, dass dein Vater für dich im sportlichen Bereich ein Vorbild ist, oder hättest du auch ohne ihn den Weg in die Handballhallen gefunden?

Leonard Nielen: Definitiv. Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen ist das Zuschauen bei den Spielen meines Vaters. Damals saß Inge Block noch an der Kasse in der Rösrather Halle. Es gab wie heute einen Hallensprecher, der durch Ansagen und Musik in meinen Augen damals für mächtig Stimmung gesorgt hat. Das fand ich als kleiner Junge ziemlich beeindruckend. Außerdem durfte ich mir am Büdchen in der Halbzeitpause immer eine kleine Tüte Chips holen und nach dem Spiel konnten wir selbst runter auf das Spielfeld und aufs Tor werfen. Für mich als Kind waren die Heimspiele damals also ein Riesenevent und ich bin immer unheimlich gerne in die Halle gekommen. Ich denke man kann also sagen, dass der Weg zum Handball durch meinen Vater quasi vorgezeichnet war.

„Wir alle wissen, dass es nichts Nervigeres als ein Spiel gibt, in dem kein Schiedsrichter angesetzt ist […].“

Du engagierst dich nebenbei als Schiedsrichterwart in der HSG. Schiedsrichter bekommen in vielen Sportarten, so auch in unserer, oftmals nicht die nötige Wertschätzung. Klar ist: Ohne sie würde es das Spiel, welches wir alle so lieben, nicht geben! Was kann man tun, damit diese Rolle auch für Jugendspieler aus dem eigenen Verein attraktiver ist?

Leonard Nielen: Ich denke, das hängt eng mit dem Entgegenbringen von Wertschätzung zusammen. Wenn unsere Jugendspieler von Spielern aus dem Seniorenbereich, ihren Trainern und den Zuschauern ständig das Gefühl vermittelt bekommen, dass der Schiedsrichter an allem schuld ist und man auf diesen nach Belieben schimpfen kann, dann werden die wenigsten Interesse daran haben selber Schiedsrichter zu werden. Von daher ist es meines Erachtens wichtig, dass den Jugendspielern der Respekt vor dem Schiedsrichter aktiv vorgelebt wird. Im Großen und Ganzen gelingt das bei uns in der HSG schon ganz gut, aber es schadet nicht sich das immer mal wieder in Erinnerung zu rufen.

Ansonsten ist es denke ich wichtig den Jugendlichen zu vermitteln, dass unser Sport nun einmal nur mit Schiedsrichtern funktioniert. Wir alle wissen, dass es nichts Nervigeres als ein Spiel gibt, in dem kein Schiedsrichter angesetzt ist und in dem dann schlimmstenfalls der gegnerische Trainer pfeift. Solche Situationen kann man nur verhindern, wenn jeder Verein selbst genug Schiedsrichter stellt. Zudem bietet die Schiedsrichterei nicht nur eine gute Nebenverdienstmöglichkeit, sondern das aktive Pfeifen führt auch dazu, dass man ein besseres Spielverständnis entwickelt. Versteckte Kosten gibt es auch keine, denn die Ausrüstung wird bei uns vom Verein bezahlt und ich weiß aus verlässlicher Quelle, dass unsere Schiedsrichter auf der Weihnachtsfeier keinen Eintritt zahlen müssen. Insgesamt ist das Pfeifen also für alle eine Win-win Situation.

[Kontakt bei Interesse: leonard.a@nielen.info]

Als Spieler der 1. Herren bekleidest du die Rolle Allzweckwaffe. Ob auf Rechtsaußen, Linksaußen oder Halbrechts, für das Team reibst du dich überall auf. Welche Position liegt dir, deiner Meinung nach am besten?

Leonard Nielen: Puh, schwer zu sagen. Wenn ich es mir aussuchen dürfte würde ich wahrscheinlich auf der Mitte spielen und meine besten Spiele habe ich vermutlich auf Halbrechts gemacht. Aber am Ende des Tages spiele ich jede Position gerne, auf der ich der Mannschaft weiterhelfen kann. Wobei Kreisläufer muss jetzt nicht unbedingt sein. Da lasse ich gerne anderen den Vortritt.

Abseits des Handballfeldes hast du kürzlich dein Jura Studium abgeschlossen. Glückwunsch an dieser Stelle dazu. Außerdem bist du aktiv in der Politik und hast es in den Stadtrat der Stadt Rösrath geschafft. Eine sehr beachtliche Vita für einen jungen Kerl wie du es einer bist. Was hat dir an deinem Studium am besten gefallen und wie gestaltet sich die neue Aufgabe im Stadtrat?

Leonard Nielen: Danke! Am besten haben mir an meinem Studium ehrlich gesagt das Auslandssemester in China und meine Praktika in Fernost gefallen. Das Auslandsstudium hat mir die Möglichkeit geboten mal in eine komplett fremde Kultur eintauchen zu können und mir einen Blick über den Tellerrand ermöglicht und die Praktika haben mir vor Augen geführt, wofür man sich das bisweilen etwas zähe Studium antut. Bei der neuen Aufgabe im Stadtrat hat sich nach anfänglicher Euphorie ein wenig Ernüchterung eingestellt. Denn zwischen guten Ideen und deren Umsetzung liegen häufig die personellen Unwägbarkeiten bei der Stadtverwaltung, fehlende Haushaltsmittel, unterschiedliche Interessen, die unter einen Hut gebracht werden müssen und jede Menge Zeit. Ich bin allerdings nach wie vor zuversichtlich, dass es sich lohnt im Stadtrat anzupacken und durch das Ansetzen an den richtigen Stellschrauben Rösrath voranzubringen.

Neben dem sehr seriösen Auftreten deinerseits, kannst du auch ein echtes Feierbiest sein. Besonders auf Mallorca gibst du gerne Gas! Dieses Jahr wird die Mannschaftstour wieder ausfallen. Geht es 2022 nach Las Vegas oder was wollt ihr mit der ganzen Kohle anstellen?

Leonard Nielen: Las Vegas kann in Zeiten, in denen man vermehrt auf seinen ökologischen Fußabdruck achten soll nicht die erste Wahl sein. Ich favorisiere daher nach wie vor einen Kurzstreckenflug in unser 17. Bundesland. Außerdem haben wir bisher noch jede Mannschaftskasse auf Mallorca durchgebracht. Ich bin also zuversichtlich, dass uns das auch 2022 gelingen wird. Erst wenn wir irgendwann mal mit Restgeld von der Insel zurückkommen sollten, können wir uns über Las Vegas unterhalten. Bis dahin gibt es dann wahrscheinlich auch E-Flugzeuge, dann passt das auch mit dem ökologischen Fußabdruck. (lacht)

„Der Zusammenhalt, den wir im Team haben geht über das reine sportliche Miteinander weit hinaus.“

Sportlich hattest du in den letzten Jahren mit sehr vielen, teils äußerst unglücklichen Verletzungen zu kämpfen. Wie schwer ist es, sich immer wieder zurück zu kämpfen und wie hältst du dich momentan fit, um das Verletzungsrisiko nach der Pandemie etwas zu schmälern?

Leonard Nielen: Es wird natürlich mit zunehmendem Alter nicht leichter, aber es führt ja kein Weg daran vorbei. Am meisten motiviert mich dabei weiter mit dieser Mannschaft trainieren und spielen zu können. Der Zusammenhalt, den wir im Team haben geht über das reine sportliche Miteinander weit hinaus. Ich halte mich momentan mit Bodyweight Training und Laufen fit und fahre ab und zu etwas Fahrrad, aber auf Dauer ersetzt das den Sport mit dem Ball spaßtechnisch leider nicht.

Apropos Pandemie und Handball. Dein Trainer fragt sich, wie du, als politisch interessierte Person, die aktuelle Situation im Hinblick auf die Vereine außerhalb des Profibereichs siehst. Momentan scheint es, als ob wenige Bemühungen unternommen werden, an dieser Situation etwas zu ändern (Hygienekonzepte etc.).

Leonard Nielen: Die Einschätzung teile ich. Aber wenn ich mir das Chaos anschaue, dass die Pandemiebewältigung momentan mit sich bringt, wundert es mich ehrlich gesagt nicht, dass der Amateursport nicht sonderlich im Fokus der Entscheidungsträger steht. In Anbetracht der Tatsache, dass jetzt nochmal eine weitere Verschärfung des Lockdowns diskutiert wird, bleibt uns wohl nur die Hoffnung, dass die Impfkampagne irgendwann endlich Fahrt aufnimmt und wir dann, wenn alle geimpft sind, wieder zusammen Sport machen dürfen.

Zurück zum sportlichen! In deinem Kader Steckbrief hast du angegeben, dass dein sportliches Idol Oliver Kahn ist. Was war es, was dir am Titan so gefallen hat und was kann man sich bei Fußballern überhaupt abschauen für sein eigenes Spiel auf dem Handballfeld?

Leonard Nielen: Ich bin damals bei der WM 2002 zum Oliver Kahn Fan geworden. Ich fand es einfach sensationell, wie er die Mannschaft quasi im Alleingang ins Finale geführt hat. Das fand ich damals so cool, dass ich sogar einige Jahre selbst als Torwart im Verein zwischen den Pfosten stand. Oliver Kahn hat für mich immer den absoluten Einsatzwillen verkörpert. Jemand der für den mannschaftlichen Erfolg dahin geht, wo es weh tut und dem es egal ist, was die Leute von ihm denken. Dazu kommt natürlich das eine oder andere legendäre Interview. Und auch nach seiner Karriere gibt Oliver Kahn, anders als so manch anderer Ex-Profi, in meine Augen eine gute Figur ab.

Zu Beginn des Interviews haben wir schon über dein Engagement innerhalb der HSG gesprochen. Früher hast du auch noch als Jugendtrainer dem Verein geholfen. Könntest du dir nach deiner aktiven Karriere vorstellen, wieder an der Seitenlinie zu stehen, wenn es zeitlich passt, oder widmest du deine Zeit dann lieber anderen Hobbys?

Leonard Nielen: Auch wenn es mir immer großen Spaß gemacht hat; ich halte es für relativ unwahrscheinlich, dass ich nochmal die Zeit finden werde, eine Jugendmannschaft zu coachen. Ich schaffe es ja zeitlich häufig schon nur knapp zu meinem eigenen Training.

Aber ich kann mir durchaus vorstellen in Zukunft noch die eine oder andere Aufgabe im administrativen Bereich zu übernehmen, wenn es zeitlich passt.

„Bei allen berechtigten Ambitionen um den Aufstieg dürfen wir nicht vergessen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist.“

Jeder Interview-Gast bekommt zum Abschluss die gleiche Frage gestellt: Wie lauten deine persönlichen Ziele mit der 1. Herren und der HSG an sich?

Leonard Nielen: Wichtig ist es mir auch in Zukunft diese Dominanz im Fußball gegen Team Jung auf die Platte zu bringen. Nein, jetzt mal im Ernst: Ich fände es toll, wenn die HSG in zehn Jahren noch genauso gut wie momentan dasteht. Bei allen berechtigten Ambitionen um den Aufstieg dürfen wir nicht vergessen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Das hat die Entwicklung in beiden Stammvereinen gezeigt, bevor es zur Gründung der HSG kam. Es ist einfach sensationell, was hier über die letzten Jahre gewachsen ist und wie viel Herzblut in der HSG steckt. Wenn das in der Form erhalten bliebe, wäre ich schon mehr als zufrieden. Wenn zudem irgendwann der Aufstieg in die Oberliga gelingen sollte, umso besser.

Vielen Dank für das Interview, Leo!

Leonard Nielen: Gerne. 🙂